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Meine Tour zum Col di Lana, dem "gesprengten Berg"

Aktualisiert: 28. Okt. 2022

Beeindruckend und bedrückend zugleich war es, auf den Pfaden der einstigen Kaiserjäger in den norditalienischen Dolomiten der Provinz Belluno, an der Grenze zum Trentino, zu einem der wohl blutigsten Schauplätze des Ersten Weltkrieges in der Alpenfront zu wandeln.

Das Ziel der Col di Lana (2462 m), bzw. der vorgelagerte, benachbarte Gipfel des Monte Sief (2425 m), von wo aus man den besten Blick auf den „Gesprengten Berg“ in seiner Gesamtheit hat.

Diese beiden Berge waren die wohl am heftigsten umkämpften im Alpenkrieg zwischen österreichisch/ungarischen und italienischen Soldaten in den Jahren 1915/16.



Den Namen „Der gesprengte Berg“ erhielt der Col di Lana, der aufgrund der Heftigkeit der Kämpfe und der zahlreichen Todesopfer, die aber zum Großteil durch Lawinenabgänge gefordert wurden, auch „Blutberg“ genannt wird, nachdem der Gipfel in der Nacht vom 17. auf den 18. April 1916 von österreichisch/ungarischen Soldaten gesprengt wurde und damit der Vormarsch der italienischen Soldaten Richtung Norden gestoppt werden konnte. Diese hatten zuvor nach unzähligen verlustreichen Angriffen und Kämpfen versucht, den Gipfel des Col di Lana, der bis dahin von den kaiserlich österreichischen Soldaten besetzt war, zu stürmen. Unter anderem sollte dies durch eine Unterminierung und Sprengung des Gipfels passieren. Nachdem dieses Unterfangen der Italiener jedoch bemerkt worden war, wurde von Tiroler Kaiserjägern zuerst eine Gegenmine angelegt, um die italienischen Sprengstollen zu vernichten. Da diese Mine jedoch zu weit vom italienischen Stollen entfernt war, wurde nach Rückzug der italienischen Truppen, dieser Sprengstollen wiederum von den kaiserlichen österreichischen Truppen mit 5 t Sprenggelatine geladen und somit der Gipfel des Col di Lana größtenteils gesprengt.




Nach der Sprengung des Gipfels, wodurch sie den Berg aufgeben mussten, zogen sich die österreichisch/ungarischen Truppen auf den benachbarten Monte Sief zurück, wo sie sich schließlich behaupten und somit einen Durchbruch der italienischen Soldaten in dieser Region verhindern konnten.

Noch heute sind zahlreiche Felsenfestungen, Unterschlupfe, MG-Stellungen und Schützengräben auf dem Weg zum Monte Sief zu sehen und vermitteln, unter welchen Bedingungen die erbitterten Kämpfe, die auf beiden Seiten unzählige gefallene Soldaten forderten, geführt wurden.

Der beeindruckende Sprengkegel am Col di Lana bildet den Höhepunkt einer Tour, die durch eine atemberaubende Landschaft führt und einem den Irrsinn eines Krieges spüren lässt, wenn man durch die verbliebenen Schützengräben, vorbei an Stellungen und Nischen zum Gipfel des Monte Sief aufsteigt.



Am Beginn meiner Tour stand die Anreise am Vortag über Lienz nach Cortina d’Ampezzo und von dort über die Strada Regionale 48 delle Dolomiti (SS 48), den Passo Falzarego und dem Passo Valparola zur Rifugio Valparola auf 2178 m. Eine sehr zu empfehlende Unterkunft, wo ich die Nacht verbrachte. Die Anreise am Vortag ist zu nahezulegen, da die Tour aus nördlicher Richtung zum Ziel einige Zeit in Anspruch nimmt und man durchaus zeitig am Morgen aufbrechen sollte.

Da ich nach Eintreffen noch Zeit hatte, besuchte ich das Museum Tre Sassi, welches in Sichtweite zur Unterkunft liegt und sich in einer ehemaligen Festung der k.u.k. Kaiserjäger befindet. Von dort aus eröffnet sich einem bereits der atemberaubende Ausblick zum Col di Lana. Gleichzeitig stellt der Festungsbau auch den Startpunkt der Tour dar.


Am nächsten Morgen gegen 07:30 Uhr startete ich die Tour mit dem Einstig in das weite Hochtal vorbei am kleine Lago di Valparola, das Ziel stets vor Augen. Auf gut beschilderten und deutlich erkennbaren Pfaden geht es in Richtung der beiden Gipfel, die man während der gesamten Tour immer im Blick hat und man sich dadurch stets richtig orientieren kann.

Nach einiger Zeit erreicht man einen Abstieg, der durch Seile und Steigbügel gesichert ist und im Prinzip bis zum Gipfel des Monte Sief die schwierigere Stelle markiert. Trittsicherheit ist, so wie auf den meisten Pfaden, die auch mal über Geröllfelder oder schmalen Graden entlangführen, gefordert.




Vorbei an den beeindruckenden, senkrecht aufragenden Felswänden des Cima Settsass geht es, nachdem man an einer Schutzhütte vorbeikommt, über den Sief Sattel, auf dem sich ein Gedenkkreuz befindet, zum Passo Sief. Dieser markiert den finalen Teil des Anstiegs zum Gipfel des Monte Sief. Hier hat man die Möglichkeit auf einem guten erkennbaren Pfad oder in den Resten, der noch erhaltenen Laufgräben der österreichischen Truppen zum Gipfel zu gelangen.


Während des ganzen Anstiegs ist man immer wieder geneigt, ob des imposanten Bergpanoramas innezuhalten und die Ausblicke zu genießen. Sollte man sich für den restlichen Weg zum Gipfel entschließen, in den bisweilen engen und kurvigen Schützengräben hochzusteigen, ist man von der Vorstellung regelrecht gefesselt, wie es sein konnte, dass in einer derart traumhaften Bergkulisse, solch dramatische und gar grausame Kriegshandlungen stattfinden konnten.


Nachdem der Anstieg über den felsigen, baumlosen Sattel des Monte Sief geschafft ist, erreicht man das dortige Gipfelkreuz, das mit einer Gedenktafel versehen ist und es eröffnet sich der beeindruckende Blick zum Col di Lana. Der beeindruckende Sprengkegel unterhalb des verbliebenen Restes des ehemaligen Gipfels lässt einen die Dimension und die Wucht der Sprengung zumindest erahnen. Unter dem Eindruck dessen, ertappt man sich selbst dabei, mit großen Augen und offenen Mund auf dem Gipfel des Monte Sief zu stehen, den Blick über den, die beiden Berge verbindenden Grat, zum Col di Lana gerichtet.





Man kann nun über besagten Grat, der durchaus anspruchsvoller ist und durch eine Vielzahl von Steigbügeln und Seilsicherungen begangen werden kann, weiter zum verbliebenen Gipfel des „Gesprengten Berges“ gehen, auf dem sich auch eine kleine Kapelle befindet.

Ich zog es jedoch vor, mein Ziel auf dem Gipfel des Monte Sief festzumachen, da man von hier sicherlich den beeindruckendsten Blick auf den benachbarten Berg hat und ich mir ausreichen Zeit und Kraft für den Rückweg aufsparen wollte. Wenn man die Tour ohne große Pausen durchzieht, ist der Gipfel des Col di Lana sicherlich das Hauptziel. Als Fotograf, der nun nicht unbedingt darauf versessen ist, jeden Gipfel zwingen zu erreichen und vor allem durch das Fotografieren eher mehr Zeit hierauf verwendet, als zu möglichst vielen oder entlegenen Gipfelkreuzen zu stürmen, habe ich eine andere Zeitplanung und setze andere Prioritäten.


Letztlich ist es für mich am wichtigsten, auch wieder sicher vom Berg herunterzukommen und nicht am Beginn des Abstiegs schon an den Grenzen dessen zu sein, was man an dem Tag bei der jeweiligen Tour im Stande zu sein vermag. Ein Umstand, den Jahr für Jahr viele Menschen in den Bergen unterschätzen oder gar vergessen und dann mit dem Helikopter von der Bergrettung heruntergeholt werden müssen. Im schlechtesten Fall verletzt oder gar …


Ich habe mir zum Vorsatz in meiner Arbeit gemacht, dass ich in den Bergen soweit gehe, wie es im Rahmen des Möglichen liegt, aber nicht weiter. Man hat schließlich auch die nicht unbedingt immer leichte Ausrüstung mit dabei. Es kommt nicht darauf an, IMMER oben anzukommen. Sehr wohl kommt es aber darauf an, IMMER wieder gesund unten anzukommen!!!





So habe ich mich also nach einer ausgiebigen Mittagspause unter dem Gipfelkreuz des Monte Sief, mit einem atemberaubenden Rundumblick, der einem am westlichen Hang des Gipfels den Blick auf das im Tal liegende Städtchen Arabba eröffnet, auf den Rückmarsch zum Ausgangspunkt meiner Tour gemacht. Hinab durch die Schützengräben, die aufgrund des darin befindlichen losen Gerölls beim Abstieg mit erhöhter Vorsicht zu begehen sind.

Über den frei gelegenen Sief Sattel geht man wieder auf das Massiv des Cima Settsass zu und folg dem unterhalb gelegenen Pfad weiter in Richtung des Ausgangspunktes am Forte Tre Sassi. Auf dem letzten Stück des Rückwegs fallen einem möglicherweise in die Felsen eingelassene Stellungen der Kaiserjäger auf, die man auf dem Hinweg übersehen hatte.

Eine von unglaublichen Eindrücken geprägte Tour neigte sich so dem Ende entgegen, von der ich viele Erinnerungen auch in Form von Fotos mit nach Hause nehmen konnte.






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